Lautlose Jäger der Nacht
Wie ein starker Düsenjet fliegt der Große Abendsegler durch die Abenddämmerung des Wolbecker Tiergartens.
Gut, dass wir Menschen die 120 Dezibel starken Ortungsschreie nicht hören können, denn sie bewegen sich auf einer Frequenz von 20 Kiloherz, die wir nicht wahrnehmen können. Abendsegler sind kräftige, aber schlanke Fledermäuse, die sehr gerne in so genannten Schwallen, also im Schwarm, jagen.
Fledermäuse seien sehr gesellige Tiere. „Kämpfe unter Artgenossen gibt es nicht“, sagte Naturgenussführerin Anja Tepe. So versammeln sich mehrere hundert Fledermäuse in ihren Winterquartieren. Und wenn sie nach der Winterstarre aufwachen, haben sie Durst. Deshalb bevorzugen Fledermäuse feuchte Bereiche, die sie auch im Wolbecker Tiergarten, dem einzigartigen FFH-Gebiet, finden.
Während des Sommers verbringen die Jäger der Luft tagsüber ihre Zeit in Baumhöhlen. So seien bis zu 200 Große Abendsegler in einer einzige Buche gefunden worden, erzählte die Landschaftsökologin.
Jetzt im Juli sind die jungen unerfahrenen Fledermäuse unterwegs, nachdem sie zuvor in den Monaten Mai und Juni in den so genannten Wochenstuben groß gezogen worden sind. Ein Naturphänomen erläuterte die Fledermausgutachterin. Nach der Balz im September und Oktober speichern die Fledermausweibchen das Sperma, um dann im Frühjahr den Eisprung freizugeben, ähnlich wie bei den Rehen.
Nach der Überquerung der Angelbrücke erfuhren die über 60 Fledermausfreunde am Rande der extensiv bewirtschafteten Obstbaumwiese, wie insektenreich sie ist. „Ein super Fledermausquartier“, sagte Anja Tepe. Immerhin vertilgt eine Fledermaus bis zu 4000 Mücken am Tag. Hier sei auch die Breitflügelfledermaus zu Hause, die auch gern in Gebäuden zwischen den Dachpfannen ihr Quartier aufschlägt. Nebenbei erzählt sie, dass Fledermäuse niemals angefasst werden dürften. Sie seien Überträger der Fledermaustollwut. Unangenehm für den Menschen, der ungeimpft tödliche Risiken eingehen kann.
Zurück entlang der Angel machten die Beobachter den Großen Abendsegler als ersten lautlosen Jäger aus des in der Dämmerung liegenden Abends aus. Ihn konnte konnte Anja Tepe mit dem Fledermausdetektor auf 20 Meter Entfernung orten. Im Gegensatz zu dem Braunen Langohr, der nur bis zu drei Meter geortet werden kann.
Allmählich, bei zunehmender Dunkelheit gesellten sich die Breitflügel-, Zwergflügel- und die Wasserfledermaus dazu. „Inkreative Namen“, sagte die Expertin.
Leider seien die Fledermäuse durch Windkraftanlagen zunehmend bedroht. „Die Windkraft kann Fledermäuse shreddern“, so Tepe. Auch der Druckunterschied, der zwischen den Rotorblättern herrscht, lässt deren Lungen reißen, sollten die Insektenjäger den Flug bis dahin überstanden haben. Auch die strengen Auflagen, die Häuslebauer erfüllen müssen, lassen wenig Freiraum für die lautlosen Jäger der Nacht.